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Immobilienfinanzierung in Österreich

Der große Ratgeber für Deutsche

Welche Unterschiede gibt es beim Wohnungseigentumsrecht in Österreich im Vergleich zu Deutschland?

  • Gründung des Eigentums: In Deutschland erfolgt die Begründung durch eine Teilungserklärung und Eintragung ins Grundbuch. In Österreich ist ein Wohnungseigentumsvertrag und ein sogenanntes Nutzwertgutachten entscheidend.
  • Kosten- und Stimmverteilung: Deutschland nutzt den Miteigentumsanteil (z.B. 120/1.000stel). Österreich basiert die Verteilung auf dem amtlich festgestellten Nutzwert, der die relative Wertigkeit der Wohnungen abbildet.
  • Verwaltung: In Österreich ist die Bestellung eines professionellen Verwalters für die meisten Liegenschaften gesetzlich verpflichtend. In Deutschland ist dies, insbesondere bei kleinen Gemeinschaften, nicht immer zwingend.
  • Instandhaltungsrücklage: Das österreichische Recht schreibt eine angemessene, oft sogar eine Mindesthöhe für die monatliche Einzahlung in die Rücklage vor. In Deutschland beschließt die Eigentümergemeinschaft die Höhe freier.
  • Bauliche Veränderungen: Das deutsche Recht wurde 2020 stark liberalisiert und erleichtert viele Umbauten. In Österreich sind die Hürden für Änderungen am Gemeinschaftseigentum tendenziell höher und erfordern oft Einstimmigkeit.

Grundlagen: Wie Wohnungseigentum in beiden Ländern entsteht

Der Traum von der eigenen Wohnung beginnt in Deutschland und Österreich auf recht unterschiedlichen Wegen. Wer sich mit dem Wohnungseigentumsrecht beschäftigt, stößt schnell auf fundamentale Unterschiede, die bereits bei der rechtlichen Begründung des Eigentums ansetzen. Das Verständnis dieser Prozesse ist entscheidend, um die Struktur und die Rechte innerhalb einer Eigentümergemeinschaft nachzuvollziehen.

Der deutsche Weg: Die Teilungserklärung

In Deutschland ist das zentrale Dokument die Teilungserklärung, die im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt ist. Hier erklärt der Grundstückseigentümer gegenüber dem Grundbuchamt, dass das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile aufgeteilt wird. Jeder Anteil ist untrennbar mit dem Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen (Teileigentum) verbunden. Zusammen mit dem Aufteilungsplan, der die genaue Lage und Größe der einzelnen Einheiten darstellt, wird die Teilungserklärung notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen. Erst mit dieser Eintragung entstehen die einzelnen, verkäuflichen Eigentumswohnungen rechtlich. Die Teilungserklärung enthält zudem oft die Gemeinschaftsordnung, die das Verhältnis der Eigentümer untereinander regelt.

Der österreichische Weg: Wohnungseigentumsvertrag und Nutzwertgutachten

In Österreich hingegen basiert die Begründung von Wohnungseigentum auf dem Wohnungseigentumsvertrag. Diesen schließen alle Miteigentümer des Grundstücks ab, um das Wohnungseigentum zu begründen. Eine noch fundamentalere Rolle spielt jedoch das Nutzwertgutachten, auch Parifizierung genannt. Ein gerichtlich zertifizierter Sachverständiger ermittelt den sogenannten Nutzwert für jede einzelne Wohnung. Dieser Wert spiegelt nicht nur die reine Quadratmeterzahl wider, sondern berücksichtigt auch Faktoren wie Stockwerkslage, Ausstattung, Lichteinfall und Zubehör (z.B. Balkon). Der Nutzwert ist die zentrale Rechengröße für fast alles: die Aufteilung der Betriebskosten, die Stimmrechte in der Versammlung und die Anteile an der Liegenschaft. Das Gutachten wird vom Gericht geprüft und festgesetzt, was dem System eine hohe Objektivität und Verbindlichkeit verleiht.

Die Eigentümergemeinschaft: Organisation und Verwaltung

Sobald Wohnungseigentum begründet ist, entsteht automatisch eine Gemeinschaft der Eigentümer. Diese Gemeinschaft muss organisiert und die Immobilie professionell verwaltet werden. Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede in der Herangehensweise zwischen Deutschland und Österreich, insbesondere was die Rolle und die Notwendigkeit eines externen Verwalters betrifft.

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) in Deutschland

In Deutschland bildet die Gesamtheit der Wohnungseigentümer die „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ (GdWE). Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) im Jahr 2020 ist diese Gemeinschaft eine rechtsfähige Personengesellschaft. Sie kann selbst Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, klagen und verklagt werden. Die GdWE wird durch den Verwalter vertreten. Die Bestellung eines Verwalters ist zwar die Regel und wird von den Eigentümern per Mehrheitsbeschluss entschieden, ist aber nicht in jedem Fall gesetzlich zwingend. Insbesondere in sehr kleinen Anlagen mit nur zwei oder drei Parteien kann darauf verzichtet werden, sofern die Eigentümer sich einig sind und die Verwaltung selbst übernehmen wollen. Jeder Wohnungseigentümer hat jedoch das Recht, die Bestellung eines zertifizierten Verwalters zu verlangen, was die Professionalisierung der Verwaltung sicherstellen soll.

Die Eigentümergemeinschaft und der Pflicht-Verwalter in Österreich

In Österreich bildet sich ebenfalls eine Eigentümergemeinschaft, die als juristische Person mit Teilrechtsfähigkeit agiert. Ein entscheidender Unterschied zu Deutschland ist jedoch die gesetzliche Verpflichtung zur Bestellung eines Verwalters. Das österreichische Wohnungseigentumsgesetz 2002 (WEG 2002) schreibt vor, dass für Liegenschaften mit mehr als zwei Eigentümern in der Regel ein professioneller Verwalter bestellt werden muss. Diese Regelung soll eine ordnungsgemäße und sachkundige Verwaltung sicherstellen und Streitigkeiten vorbeugen. Der Verwalter hat in Österreich eine sehr starke, fast treuhänderische Stellung mit klar definierten gesetzlichen Pflichten. Er ist nicht nur für die Einberufung der Versammlung und die Umsetzung von Beschlüssen zuständig, sondern auch für die Erstellung einer Vorausschau der Kosten und die Verwaltung der Instandhaltungsrücklage. Diese obligatorische Fremdverwaltung bietet ein hohes Maß an Sicherheit und Kontinuität.

Der Miteigentumsanteil vs. der Nutzwert: Die Basis der Abrechnung

Einer der praktisch relevantesten Unterschiede zwischen dem deutschen und österreichischen System liegt in der Berechnungsgrundlage für Kosten, Stimmrechte und Eigentumsanteile. Während Deutschland auf einen eher abstrakten Bruchteil setzt, verwendet Österreich eine detailliert ermittelte, wertbasierte Kennzahl. Diese verschiedenen Ansätze haben direkte Auswirkungen auf den Geldbeutel und den Einfluss jedes einzelnen Eigentümers.

Miteigentumsanteil in Deutschland: Der abstrakte Bruchteil

Das deutsche WEG nutzt den Miteigentumsanteil (MEA). Dieser wird in der Teilungserklärung als Bruchteil festgelegt, meist in Tausendsteln (z.B. 125/1.000). Er repräsentiert den Anteil des jeweiligen Wohnungseigentümers am gemeinschaftlichen Eigentum. In der Regel wird der MEA anhand der Wohnfläche im Verhältnis zur Gesamtfläche ermittelt. Er ist die Standard-Verteilungsgrundlage für die gemeinschaftlichen Kosten (z.B. Heizung, Versicherungen, Instandhaltung) und oft auch für die Stimmkraft in der Eigentümerversammlung (Wertprinzip), sofern die Gemeinschaftsordnung nichts anderes vorsieht. Die Festlegung ist ein einmaliger Akt und spiegelt nicht zwingend den tatsächlichen Marktwert oder die „Lebensqualität“ einer Wohnung wider. Eine Dachgeschosswohnung und eine Erdgeschosswohnung gleicher Größe haben oft den gleichen MEA.

Nutzwert in Österreich: Die wertorientierte Kennzahl

Österreich verfolgt mit dem Nutzwert einen anderen, wertorientierteren Ansatz. Wie bereits erwähnt, wird dieser von einem Sachverständigen ermittelt und gerichtlich festgestellt. Der Nutzwert berücksichtigt neben der reinen Nutzfläche auch wertbeeinflussende Faktoren. So kann eine sonnige Penthouse-Wohnung mit großer Terrasse einen deutlich höheren Nutzwert pro Quadratmeter haben als eine dunklere Wohnung im Erdgeschoss. Diese detaillierte Bewertung sorgt für eine als gerechter empfundene Verteilung der Lasten und Rechte. Der Nutzwert ist die primäre Berechnungsgrundlage für die Aufteilung der Bewirtschaftungskosten und das Stimmgewicht bei Abstimmungen. Diese Methode führt zu einer präziseren Abbildung der Verhältnisse innerhalb der Liegenschaft.

Vergleichstabelle: Miteigentumsanteil vs. Nutzwert

Merkmal Miteigentumsanteil (Deutschland) Nutzwert (Österreich)
Grundlage Abstrakter Bruchteil am Gemeinschaftseigentum (z.B. in 1.000steln) Relative Wertigkeit einer Einheit im Vergleich zu anderen
Ermittlung Festlegung durch den Aufteiler in der Teilungserklärung, meist nach Wohnfläche Erstellung eines Gutachtens durch einen gerichtlich zertifizierten Sachverständigen (Parifizierung)
Berücksichtigte Faktoren In der Regel nur die Wohn- oder Nutzfläche Nutzfläche, Lage, Ausstattung, Lichteinfall, Zubehör (Balkon, Garten etc.)
Funktion Verteilungsschlüssel für Kosten und meist auch für Stimmrechte Verteilungsschlüssel für Kosten und Stimmrechte
Änderbarkeit Sehr schwer, nur mit Zustimmung aller Eigentümer möglich Änderbar bei wesentlichen baulichen Veränderungen durch ein neues Gutachten
Charakteristik Formal-rechtlich, einfach Wertorientiert, detailliert, als gerechter empfunden

Entscheidungen treffen: Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung

Die Eigentümerversammlung ist das Herzstück der Selbstverwaltung einer Wohnanlage. Hier werden die Weichen für die Zukunft der Immobilie gestellt – von der Genehmigung der Jahresabrechnung bis hin zu teuren Sanierungsmaßnahmen. Die Regeln, wie diese Entscheidungen zustande kommen, unterscheiden sich in Deutschland und Österreich erheblich, was das Machtgefüge innerhalb der Gemeinschaft beeinflusst.

Mehrheitsprinzipien im deutschen WEG

Das deutsche Wohnungseigentumsrecht kennt verschiedene Arten von Mehrheiten. Der Standardfall ist die einfache Mehrheit. Hierbei werden die Ja-Stimmen gegen die Nein-Stimmen gezählt; Enthaltungen und ungültige Stimmen bleiben unberücksichtigt. Seit der WEG-Reform 2020 werden viele Entscheidungen, die früher eine qualifizierte Mehrheit oder sogar Einstimmigkeit erforderten, mit einfacher Mehrheit getroffen. Dies betrifft insbesondere bauliche Veränderungen.
Beim Stimmrecht gilt standardmäßig das Kopfprinzip: Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme, unabhängig von der Anzahl seiner Wohnungen oder der Größe seiner Miteigentumsanteile. Die Gemeinschaftsordnung kann jedoch das Wertprinzip (Stimmgewicht nach Miteigentumsanteil) oder das Objektprinzip (eine Stimme pro Wohnung) festlegen. Diese Flexibilität kann in der Praxis zu komplexen Stimmverhältnissen führen.

Mehrheit der Nutzwerte in Österreich

In Österreich ist das System der Beschlussfassung stärker standardisiert und direkt an den zuvor beschriebenen Nutzwert gekoppelt. Grundsätzlich werden Beschlüsse mit der Mehrheit der Miteigentumsanteile gefasst, die sich aus den Nutzwerten ergeben. Wer also eine Wohnung mit einem hohen Nutzwert besitzt, hat automatisch mehr Stimmgewicht. Eine einfache Mehrheit liegt vor, wenn die Summe der Nutzwerte der zustimmenden Eigentümer mehr als 50 % der gesamten Nutzwerte der Liegenschaft ausmacht.
Für besonders wichtige Entscheidungen, wie zum Beispiel größere Umbauten oder die Änderung des Aufteilungsschlüssels, ist eine qualifizierte Mehrheit oder sogar Einstimmigkeit erforderlich. Das österreichische Recht sieht zudem einen ausgeprägten Minderheitenschutz vor. Überstimmte Eigentümer können bestimmte Mehrheitsbeschlüsse gerichtlich anfechten, wenn diese für sie grob nachteilig oder unbillig sind. Dieses System ist weniger flexibel als das deutsche, bietet aber eine klare und vorhersehbare Struktur für die Willensbildung.

Bauliche Veränderungen: Was darf ich an meiner Wohnung und am Gemeinschaftseigentum ändern?

Der Wunsch nach Veränderung ist menschlich – sei es der Anbau eines Balkons, die Installation einer Wallbox für das E-Auto oder der barrierefreie Umbau. Doch in einer Eigentümergemeinschaft enden die persönlichen Freiheiten dort, wo die Rechte anderer Eigentümer und das gemeinschaftliche Eigentum beginnen. In diesem Bereich haben sich die Rechtslagen in Deutschland und Österreich in den letzten Jahren in gegensätzliche Richtungen entwickelt.

Liberalisierung in Deutschland durch das WEMoG

Ein Meilenstein im deutschen Wohnungseigentumsrecht war das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) von 2020. Es hat die Hürden für bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum drastisch gesenkt. Grundsätzlich kann heute über jede bauliche Veränderung mit einfacher Mehrheit in der Eigentümerversammlung beschlossen werden. Die Kosten für eine solche Maßnahme tragen dann die Eigentümer, die dafür gestimmt haben. Wenn die Maßnahme mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wird, müssen alle Eigentümer die Kosten tragen, es sei denn, die Maßnahme ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden.
Zudem gibt es sogenannte privilegierte Maßnahmen. Jeder einzelne Wohnungseigentümer hat einen Anspruch darauf, dass ihm auf eigene Kosten der Einbau einer Ladestation für ein E-Fahrzeug, Maßnahmen zum barrierefreien Um- und Ausbau, Maßnahmen zum Einbruchschutz sowie der Zugang zu einem schnellen Internetanschluss gestattet werden. Die Gemeinschaft kann nur noch über die Art der Durchführung entscheiden.

Strengere Regeln und Einstimmigkeitsprinzip in Österreich

Im Gegensatz zur deutschen Liberalisierung ist das österreichische Recht bei baulichen Veränderungen deutlich restriktiver. Das WEG 2002 unterscheidet streng zwischen Änderungen im eigenen Wohnungseigentumsobjekt und solchen, die allgemeine Teile der Liegenschaft betreffen. Änderungen im Inneren der eigenen Wohnung sind meist unproblematisch, solange sie nicht die schutzwürdigen Interessen anderer Eigentümer oder die Bausubstanz beeinträchtigen.
Sobald jedoch allgemeine Teile des Hauses (z.B. Fassade, tragende Wände, Dach) betroffen sind, wird es kompliziert. Für sogenannte „wichtige Veränderungen“ ist grundsätzlich die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich. Gelingt dies nicht, kann die Zustimmung der Minderheit durch einen Gerichtsbeschluss ersetzt werden. Dafür muss die Maßnahme allerdings verkehrsüblich sein oder einem wichtigen Interesse des Antragstellers dienen. Diese hohen Hürden schützen die Substanz und das Erscheinungsbild der Immobilie, machen aber Modernisierungen oft zu einem langwierigen und schwierigen Prozess. Wer in Österreich eine Wohnung kauft, sollte sich dieser strengen Regelungen bewusst sein.

Die Finanzen im Griff: Instandhaltungsrücklage und Betriebskosten

Eine solide finanzielle Basis ist das Fundament für den langfristigen Werterhalt jeder Immobilie. Sowohl die laufenden Betriebskosten als auch die Ansparungen für zukünftige Sanierungen müssen transparent und verlässlich geregelt sein. Obwohl die Grundprinzipien in Deutschland und Österreich ähnlich sind, gibt es wichtige Unterschiede bei der gesetzlichen Ausgestaltung der Instandhaltungsrücklage.

Wirtschaftsplan und Rücklage in Deutschland

In Deutschland erstellt der Verwalter jährlich einen Wirtschaftsplan. Dieser enthält eine Vorausschau der Einnahmen und Ausgaben für das kommende Jahr. Ein zentraler Bestandteil ist der Beitrag zur Instandhaltungsrücklage (oft auch Erhaltungsrücklage genannt). Die Eigentümergemeinschaft beschließt über den Wirtschaftsplan und damit auch über die Höhe der monatlichen Zuführung zur Rücklage. Das Gesetz schreibt lediglich vor, dass eine angemessene Rücklage anzusammeln ist. Was „angemessen“ ist, liegt jedoch im Ermessen der Gemeinschaft. Es gibt keine gesetzliche Mindesthöhe. Dies gibt den Eigentümern zwar Flexibilität, birgt aber auch die Gefahr, dass aus kurzfristiger Sparsamkeit zu wenig angespart wird. Kommt es dann zu einer teuren Sanierung (z.B. Dach oder Heizung), müssen die Eigentümer oft hohe Sonderumlagen leisten, was zu finanziellen Engpässen führen kann.

Gesetzlich geregelte Rücklage in Österreich

Das österreichische System ist hier deutlich strenger und vorsorgeorientierter. Das WEG 2002 schreibt nicht nur vor, dass eine „angemessene Rücklage“ zu bilden ist, sondern legt für ab Juli 2022 neu begründetes Wohnungseigentum sogar eine gesetzliche Mindesthöhe fest. Derzeit beträgt diese 0,90 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche (Stand 2024, wird regelmäßig angepasst). Der Verwalter ist verpflichtet, diesen oder einen per Mehrheitsbeschluss festgelegten höheren Betrag einzuheben und auf einem separaten Konto zu verwalten. Dies sorgt für eine verlässliche und kontinuierliche Ansparung und schützt die Eigentümer vor plötzlichen, hohen finanziellen Belastungen. Der Verwalter erstellt jährlich eine Vorschau, die dem deutschen Wirtschaftsplan ähnelt, und eine detaillierte Betriebskostenabrechnung. Die Kosten werden, wie bereits erläutert, nach dem Nutzwertschlüssel aufgeteilt.

Die Rolle des Verwalters: Pflichten und Befugnisse im Vergleich

Der Hausverwalter ist eine Schlüsselfigur im Mikrokosmos einer Eigentümergemeinschaft. Er ist Organisator, Buchhalter, technischer Berater und manchmal auch Mediator. Seine rechtliche Stellung, seine Befugnisse und seine Pflichten sind in Deutschland und Österreich jedoch unterschiedlich definiert, was sich direkt auf die Funktionsweise der Gemeinschaft auswirkt.

Der Verwalter als Dienstleister der GdWE in Deutschland

In Deutschland agiert der Verwalter als beauftragter Dienstleister und vertritt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) nach außen. Seine Kernaufgaben sind im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) definiert und werden im Verwaltervertrag konkretisiert. Dazu gehören die Aufstellung des Wirtschaftsplans und der Jahresabrechnung, die Einberufung und Leitung der Eigentümerversammlung sowie die Umsetzung der gefassten Beschlüsse. Seit der WEG-Reform 2020 hat der Verwalter erweiterte Befugnisse, eigenständig über Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung zu entscheiden. Wie bereits erwähnt, ist seine Bestellung nicht in allen Fällen zwingend, aber jeder Eigentümer kann die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangen. Diese Zertifizierung soll einen Mindeststandard an Qualifikation gewährleisten. Die Beziehung ist primär die eines Auftragsverhältnisses.

Der Verwalter als Treuhänder in Österreich

In Österreich ist die Position des Verwalters rechtlich stärker und seine Rolle geht über die eines reinen Dienstleisters hinaus; sie ähnelt eher der eines Treuhänders. Wie wir wissen, ist seine Bestellung für die meisten Liegenschaften gesetzlich verpflichtend. Das österreichische WEG 2002 weist ihm eine Fülle von unentziehbaren Pflichten zu. Er muss nicht nur die Beschlüsse umsetzen, sondern auch von sich aus für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sorgen. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist die Bildung und Verwaltung der Instandhaltungsrücklage, inklusive der Einhebung des gesetzlichen Mindestbetrags. Er muss die Gelder der Gemeinschaft streng getrennt von seinem eigenen Vermögen auf einem Treuhandkonto führen. Diese starke, gesetzlich verankerte Position soll ein Höchstmaß an Professionalität, Sicherheit und Kontinuität in der Verwaltung der Liegenschaft garantieren und die Eigentümer vor Missmanagement schützen.

Sondernutzungsrecht vs. Zubehör-Wohnungseigentum: Garten, Keller und Parkplatz

Nicht alles, was zu einer Wohnung gehört, befindet sich auch innerhalb ihrer vier Wände. Gartenanteile, Terrassen, Kellerabteile und KFZ-Stellplätze sind wertvolle Bestandteile des Wohneigentums. Die rechtliche Zuordnung dieser Flächen ist in Deutschland und Österreich unterschiedlich gelöst und hat Konsequenzen für die Rechtssicherheit und die Verfügungsgewalt des Eigentümers.

Das deutsche Konzept: Sondernutzungsrechte

In Deutschland werden Flächen außerhalb der Wohnung, die einem Eigentümer zur alleinigen Nutzung zugewiesen sind, typischerweise als Sondernutzungsrechte ausgestaltet. Ein Gartenanteil oder ein PKW-Stellplatz im Freien bleibt rechtlich gesehen Gemeinschaftseigentum. Durch das in der Teilungserklärung verankerte Sondernutzungsrecht wird den anderen Eigentümern die Nutzung dieser Fläche entzogen und exklusiv einem bestimmten Wohnungseigentümer zugewiesen. Der Inhaber des Sondernutzungsrechts darf die Fläche nutzen und oft auch gestalten, aber er ist nicht ihr Eigentümer. Bauliche Veränderungen (z.B. der Bau eines Carports auf dem Stellplatz) erfordern in der Regel die Zustimmung der Gemeinschaft. Dieses Konstrukt ist flexibel, aber rechtlich schwächer als echtes Eigentum.

Das österreichische Konzept: Zubehör-Wohnungseigentum

Österreich bietet hier eine robustere Lösung: das Zubehör-Wohnungseigentum. Bestimmte Objekte wie Kellerabteile, Dachböden oder auch KFZ-Abstellplätze können als Zubehör fest mit einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt verbunden werden. Dieses Zubehör wird im Grundbuch gemeinsam mit der Hauptwohnung eingetragen. Der Eigentümer hat an diesen Zubehör-Objekten ein ausschließliches Nutzungs- und Verfügungsrecht, das dem Eigentum sehr nahekommt. Er kann es also nur zusammen mit seiner Wohnung verkaufen. Dieses Zubehör ist rechtlich ein Bestandteil des Wohnungseigentums selbst. Das schafft eine höhere Rechtssicherheit als das deutsche Sondernutzungsrecht. Für Gartenflächen, die nicht als Zubehör definiert werden können, gibt es in Österreich ebenfalls vertragliche Nutzungsregelungen, die dem deutschen Modell ähneln.

Wichtige Fragen und Antworten

Muss ich in Österreich immer einen Verwalter bestellen?

Ja, in den allermeisten Fällen. Das österreichische Wohnungseigentumsgesetz (WEG 2002) schreibt die Bestellung eines Verwalters für Liegenschaften mit mehr als zwei selbstständigen Wohnungen oder Geschäftsräumen vor. Dies dient der professionellen Verwaltung und dem Schutz der Gemeinschaft. Nur bei sehr kleinen Anlagen kann per einstimmigem Beschluss auf einen Verwalter verzichtet werden.

Was ist der „Nutzwert“ genau und wer legt ihn fest?

Der Nutzwert ist eine Kennzahl, die den relativen Wert einer Wohnung im Vergleich zu allen anderen Wohnungen in der Liegenschaft darstellt. Er ist die Basis für die Aufteilung von Kosten und Stimmrechten. Ein gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Immobilienwesen ermittelt den Nutzwert in einem sogenannten Nutzwertgutachten (Parifizierung). Dabei werden neben der Fläche auch Lage, Ausstattung und sonstige wertbildende Merkmale berücksichtigt.

Kann ich als Deutscher problemlos eine Wohnung in Österreich kaufen?

Ja, als EU-Bürger genießen Deutsche in Österreich grundsätzlich die gleichen Rechte wie Einheimische und können ohne besondere Genehmigungen Immobilien erwerben. Es gibt keine Einschränkungen aufgrund der Staatsbürgerschaft. Beachten müssen Sie jedoch die jeweiligen Grundverkehrsgesetze der österreichischen Bundesländer, die in seltenen Fällen (z.B. bei landwirtschaftlichen Flächen oder in bestimmten Feriengebieten) Regelungen enthalten können.

Welches Rechtssystem ist „besser“ oder „sicherer“?

Es gibt kein objektiv „besseres“ System; beide haben Vor- und Nachteile. Das österreichische Recht bietet durch den Pflicht-Verwalter, den objektivierten Nutzwert und die gesetzlich geregelte Rücklage ein hohes Maß an Sicherheit und Vorhersehbarkeit. Das deutsche Recht ist nach der WEG-Reform 2020 deutlich flexibler und moderner, insbesondere bei der Durchführung von baulichen Veränderungen wie der Installation von Ladesäulen. Die Wahl hängt von der persönlichen Präferenz zwischen Sicherheit und Flexibilität ab.

Wie werden die Kosten für eine Sanierung aufgeteilt?

Hier zeigt sich ein Kernunterschied: In Deutschland werden die Kosten für eine beschlossene Sanierung standardmäßig nach dem Miteigentumsanteil (z.B. 120/1.000stel) auf alle Eigentümer verteilt. In Österreich erfolgt die Aufteilung anhand des Nutzwerts. Da der Nutzwert die Wertigkeit der Wohnung detaillierter abbildet, wird diese Kostenverteilung oft als gerechter empfunden.

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